Erweiterung von Perspektiven und Ideenentwicklung mit offenem Ausgang

Integrative Methode kollektiver kreativer Prozesse

Die wesentlichen Rahmenparameter der integrativen Form kollektiver kreativer Prozesse sind A) die prozedurale Integration von ‚innen‘ im Regelfall ‚unten‘ genannt und ‚oben‘ (hier als Synonyme für die administrativen oder sozialen Ebenen) in entscheidenden Projektetappen, die sich von der klassischen bottom-up-Methode darin unterscheidet, dass B) die von einem Projekt direkt Betroffenen sowohl am Entwicklungs-, als auch am Entstehungsprozess direkt beteiligt werden. Die Beteiligung ist nämlich nicht allein in der Konsultation begründet, sondern in der aktiven Teilnahme bis hin zur Realisierung. Die Betroffenen werden nicht lediglich in durch externe Instanzen initiierte und geplante Prozesse integriert, sondern eher anders herum: die Fachleute und Geldgeber werden zu gegebenem Zeitpunkt gesucht und hinzugezogen. Als methodisches Label gilt in der Initialphase aller Teilprojekte bottom → top (bottom up), erst in einem späteren Schritt gilt bottom + top (bottom and top). Entscheidend ist der Beginn der Ideenfindungsprozesse. In jedem Projekt muss ein sinnvolles Gleichgewicht in der Zusammenarbeit zwischen ‚unten‘ und ‚oben‘ gefunden werden.

Die von Ute Reeh entwickelte Methode ist eine Choreografie zum Wechsel von Perspektiven, zur Entwicklung von Ideen und deren Umsetzung in definierten Schritten. Ausgangslage ist das verabredete Aufheben von Hierarchien in allen Phasen der Zusammenarbeit. Alle am Projekt beteiligten Personen arbeiten gleichberechtigt miteinander und ziehen zu gegebener Zeit ausgesuchte Fachleute, Wissenschaftler:innen, etc. hinzu.

Elementares Merkmal der Methode ist dabei zunächst das Aufspüren und Zulassen der unterschiedlichen Perspektiven der Beteiligten, deren Intuition immer wieder Ausgangspunkt für einzelne Teilprojekte sind. In jeder Projektphase setzen sie den ersten Schritt. Damit wird ein Raum geschaffen, in dem Ideen und Entwürfe in allem Idealismus oder auch Unzulänglichkeit vorurteilsfrei, hierarchiefrei und zwanglos erstellt, betrachtet, ernst genommen und gesammelt werden. Im nächsten Schritt werden Fachleute hinzugezogen. Im Austausch wird eine Synthese der Impulse und Ideen erreicht und progressiv die Realisation angestrebt. Durch die hierarchiefreie Zusammenarbeit entstehen Resultate von hohem qualitativem Wert. Die erzielbaren Ergebnisse übertreffen in ihrer Komplexität und Qualität eindrucksvoll klassische Wege und Lösungen.

Das gemeinsame Projekt bietet ein hohes Maß an Identifikation, weil es eigene Ideen und eigene Arbeit enthält und emotionale und formale Aspekte der Ergebnisse miteinander verbindet. Positiver Nebeneffekt ist das beiläufige, fast unbemerkte „Lernen“, weil im Projekt ernsthaft und mit Hingabe gearbeitet wird und im Austausch und in Zusammenarbeit mit Profis gehandelt wird. Auch soziale Kompetenzen, wie Kommunikation, Toleranz, Respekt, Organisation, Planung und Teamarbeit werden im Prozess „on the fly“ gelernt oder vertieft. Diese durch direkte Anwendung erworbenen Erfahrungen und Kenntnisse sind äußerst nachhaltig, selbstverständlicher und leichter gelernt als institutionell vermittelte Kenntnisse.

Parameter:

Setting
Die Ideenfindung findet am Ort der Umsetzung statt.

Material
Knetmasse bzw anderes amorphes Material, das spontanen Ausdruck zulässt
Bleistift und Papier
architektonischer Plan der Situation/des Raums

Choreografie
Der Prozess verläuft in festgelegten Schritten:

  1. Wahrnehmung des Ortes an Hand der Fragen, wo fühle ich mich hier wohl? Was soll genauso bleiben? Was sollte weg? Was fehlt?

  2. Durch Schließen der Augen wird die eigene Imagination aktiviert.

  3. Das Vorgestellte/Imaginierte wird ohne Worte, z.B. mit Hilfe von Zeichnugen, Linien, eines Stücks Knete dargestellt.

  4. Die so entstandenen Zeichnungen und Modelle werden vom Schaffenden selber genau betrachtet, erläutert und auf einem Plan, einer Fläche, einer Wand positioniert.

  5. Der Fläche/der Plan füllt sich mit Ideen.

  6. Jede Skizze und jedes Modell wird dann durch präzise Beobachtungen aller weiteren Beteiligten ergänzt und bereichert. Weitere Ideen, Funktionen und Details kommen hinzu.

  7. Es findet ein Dialog zur Präzisierung hin zur ausformulierten Idee statt. Die Objekthaftigkeit der kleinen, dreidimensionalen Modelle ermöglicht es, Menschen völlig unterschiedlicher Herkunft einzubeziehen.

  8. Die Objekte werden sehr einfach in verschiedenen Ansichten gezeichnet und beschriftet

  9. Profis werden hinzugezogen. Die Positionierung der Modelle auf dem Plan, der Zeichnungen an der Wand dient als Brücke zum Austausch.

Der Abstraktionsgrad von Plänen und technischen Zeichnungen stellt für Laien oft ein Hindernis zum Verständnis eines Entwurfs dar. Die Knetobjekte als plastische und beschriebene (konzeptuell ergänzte) Objekte stellen die Grundlage eines zielführenden Dialogs dar, der zu konkreten und kommunizierberen Ergebnissen führt und Erster Schritt in Richtung Umsetzung ist. Jede:r Beteiligte trägt entscheidend mit eigenen Ideen und Impulsen zur Planung bei.

© Ute Reeh