Integrative Methode kollektiver kreativer Prozesse

Offener Raum

Künstlerisches Vorgehen
Integrativer Prozess

Lineares Vorgehen

 

Die grundlegenden Ideen werden in Präsenz und im Dialog entwickelt. Alle relevanten Fachgebiete sind sowohl von Theoretiker:innen als auch Praktiker:innen vertreten. Erfahrungswissen (Praktiker) und Theorie (der Fachgebiete) ergänzen sich. Zeitgenössische Kunst verantwortet die Form des Prozesses im Blick zu haben und verschiedene Perspektiven an entscheidenden Punkten in Bezug zu setzen. Dies führt zum parallelen Durchdenken komplexer Parameter innerhalb kurzer Zeit.

Effektivität

Linearität bewirkt, dass jede Herausforderung parallel, aber einzeln betrachtet wird. Aufgabenteilung zwischen Spezialisten verstärken die Tendenz dass jede:r Spezialist:in vor allem sein Fachgebiet betrachtet. Das Nacheinander von Entwicklung, Abstimmung, Entscheidung dieser Methode führt bei komplexen Aufgabenstellungen zu langen Entwicklungsphasen.

Sorgfältige Dokumentation gewährleistet, dass alle Beobachtungen und Ideen präsent bleiben. Bis hin zum getesteten Ergebnis sind Ideengeber:innen und Forschungsteam beteiligt. Das führt zu großer fachlicher Motivation. Das Verschränken der unterschiedlichen Disziplinen hin zu einem gemeinsamen Ziel bewirkt eine hohe Qualität von Konzeption und Ausführung.

Qualität

Ideen werden untersucht und gegebenenfalls verworfen. Komponenten werden einzeln abgearbeitet. Jede Phase beginnt dann, wenn die vorherige Phase abgeschlossen ist. Wenn sich die Arbeitshypothese nicht bestätigt, wird das Projekt gestoppt und entweder von vorne mit einer neuen Hypothese begonnen oder die Sache ohne Lösungsansatz verworfen.

Neuerungen entstehen an den Schnittstellen mehrerer Perspektiven. Die Lösungen und ihre Umsetzungen werden in einem Prozess mit Rückkopplungsschleifen entwickelt. Die Rückkopplungen werden so lange fortgesetzt bis die optimale Form gefunden ist.

Passgenauigkeit

Beobachtungen und Lösungideen werden nach Abschluss der Entscheidungsphasen verworfen oder weitergeführt. Jede Lösungsidee wird von den jeweiligen Spezialist:innen entwickelt. Dadurch besteht die Tendenz auf bereits Bekanntes zurückzugreifen, da jede/r Spezialist:in vor allem ihr/sein Fachgebiet betrachtet.

Geeignet für herausfordernde Aufgabenstellungen und Neuentwicklungen geeignet. Die kompakten Entwicklungszeiten und die komplexe Betrachtung sorgen für Funktionalität und eine solide Basis für zuverlässige Umsetzung.

Konklusion

Geeignet für Messungen und Untersuchungen bereits geprüfter Ideen.

Die wesentlichen Rahmenparameter der integrativen Methode kollektiver kreativer Prozesse sind A) die prozedurale Integration von ‚innen‘ im Regelfall ‚unten‘ genannt und ‚oben‘ (hier als Synonyme für die administrativen oder sozialen Ebenen) in entscheidenden Projektetappen, die sich von der klassischen bottom-up-Methode darin unterscheidet, dass B) die von einem Projekt direkt Betroffenen sowohl am Entwicklungs-, als auch am Entstehungsprozess direkt beteiligt werden. Die Beteiligung ist nämlich nicht allein in der Konsultation begründet, sondern in der aktiven Teilnahme bis hin zur Realisierung. Die Betroffenen werden nicht lediglich in durch externe Instanzen initiierte und geplante Prozesse integriert, sondern eher anders herum: die Fachleute und Geldgeber werden zu gegebenem Zeitpunkt gesucht und hinzugezogen. Als methodisches Label gilt in der Initialphase aller Teilprojekte bottom → top (bottom up), erst in einem späteren Schritt gilt bottom + top (bottom and top). Entscheidend ist der Beginn der Ideenfindungsprozesse. In jedem Projekt muss ein sinnvolles Gleichgewicht in der Zusammenarbeit zwischen ‚unten‘ und ‚oben‘ gefunden werden.

Die von der Künstlerin Ute Reeh entwickelte Methode ist eine Choreografie zum Wechsel von Perspektiven, zur Entwicklung von Ideen und deren Umsetzung in definierten Schritten. Ausgangslage ist das verabredete Aufheben von Hierarchien in allen Phasen der Zusammenarbeit. Alle am Projekt beteiligten Personen arbeiten gleichberechtigt miteinander und ziehen zu gegebener Zeit ausgesuchte Fachleute, Wissenschaftler:innen, etc. hinzu.

Elementares Merkmal der Methode ist dabei zunächst das Aufspüren und Zulassen der unterschiedlichen Perspektiven der Beteiligten, deren Intuition immer wieder Ausgangspunkt für einzelne Teilprojekte sind. In jeder Projektphase setzen sie den ersten Schritt. Damit wird ein Raum geschaffen, in dem Ideen und Entwürfe in allem Idealismus oder auch Unzulänglichkeit vorurteilsfrei, hierarchiefrei und zwanglos erstellt, betrachtet, ernst genommen und gesammelt werden. Im nächsten Schritt werden Fachleute hinzugezogen. Im Austausch wird eine Synthese der Impulse und Ideen erreicht und progressiv die Realisation angestrebt. Durch die hierarchiefreie Zusammenarbeit entstehen Resultate von hohem qualitativem Wert. Die erzielbaren Ergebnisse übertreffen in ihrer Komplexität und Qualität eindrucksvoll klassische Wege und Lösungen.

Das gemeinsame Projekt bietet ein hohes Maß an Identifikation, weil es eigene Ideen und eigene Arbeit enthält und emotionale und formale Aspekte der Ergebnisse miteinander verbindet. Positiver Nebeneffekt ist das beiläufige, fast unbemerkte „Lernen“ aller, weil im Projekt ernsthaft und mit Hingabe gearbeitet wird und im Austausch und in Zusammenarbeit mit Personen verschiedener Hintergründe geplant und gehandelt wird, die sich außerhalb des Projektraums oft nie begegnet wären. Auch soziale Kompetenzen, wie Kommunikation, Toleranz, Respekt, Organisation, Planung und Teamarbeit werden im Prozess „on the fly“ gelernt oder vertieft. Diese durch direkte Anwendung erworbenen Erfahrungen und Kenntnisse sind äußerst nachhaltig, selbstverständlicher und leichter gelernt als institutionell vermittelte Kenntnisse.

Setting

Die Ideenfindung findet am Ort der Umsetzung statt.

Material

Knetmasse bzw anderes amorphes Material, das spontanen Ausdruck zulässt
Bleistift und Papier
architektonischer Plan der Situation/des Raums

Choreografie

Der Prozess verläuft in festgelegten Schritten:

  1. Wahrnehmung des Ortes an Hand der Fragen, wo fühle ich mich hier wohl? Was soll genauso bleiben? Was sollte weg? Was fehlt?

  2. Durch Schließen der Augen wird die eigene Imagination aktiviert.

  3. Das Vorgestellte/Imaginierte wird ohne Worte, z.B. mit Hilfe von Zeichnugen, Linien, eines Stücks Knete dargestellt.

  4. Die so entstandenen Zeichnungen und Modelle werden vom Schaffenden selber genau betrachtet, erläutert und auf einem Plan, einer Fläche, einer Wand positioniert.

  5. Der Fläche/der Plan füllt sich mit Ideen.

  6. Jede Skizze und jedes Modell wird dann durch präzise Beobachtungen aller weiteren Beteiligten ergänzt und bereichert. Weitere Ideen, Funktionen und Details kommen hinzu.

  7. Es findet ein Dialog zur Präzisierung hin zur ausformulierten Idee statt. Die Objekthaftigkeit der kleinen, dreidimensionalen Modelle ermöglicht es, Menschen völlig unterschiedlicher Herkunft einzubeziehen.

  8. Die Objekte werden sehr einfach in verschiedenen Ansichten gezeichnet und beschriftet

  9. Profis werden hinzugezogen. Die Positionierung der Modelle auf dem Plan, der Zeichnungen an der Wand dient als Brücke zum Austausch.

Der Abstraktionsgrad von Plänen und technischen Zeichnungen stellt für Laien oft ein Hindernis zum Verständnis eines Entwurfs dar. Plastische und beschriebene (konzeptuell ergänzte) Objekte stellen die Grundlage eines zielführenden Dialogs dar, der zu konkreten und kommunizierberen Ergebnissen führt und Erster Schritt in Richtung Umsetzung ist. Jede:r Beteiligte trägt entscheidend mit eigenen Ideen und Impulsen zur Planung bei.

© Ute Reeh